Orang-Utan Retterin zu Gast im Kindergarten

Orang-Utan-Retter im Kindergarten 1

Es klopft an der Tür und herein komme ich: Die „Orang-Utan-Retterin“ mit einer Schubkarre voll Plüsch-Orang-Utans! Letzte Woche war die Borneo Orang-Utan Survival (BOS) Schweiz zu Gast im Kindergartenhaus Wiedikon in Zürich - im Gepäck eine Unterrichtseinheit zum Thema Regenwald- und Orang-Utan Schutz.

 

Eingebettet in ein mehrwöchiges Dschungelprojekt erarbeiteten zwei PH Studentinnen gemeinsam mit mir eine dreistündige Unterrichtseinheit – als Fortsetzung zum Kinderbuch „Pongo sucht die Sonne“. Nachdem der kleine Orang-Utan Junge endlich die Sonne im Regenwald und seine neue Freundin Papaya gefunden hat, erfahren die beiden, dass das Leben im Dschungel gefährlich ist. Natürliche Fressfeinde aber auch vom Menschen gemachte Gefahren wie die Abholzung des Regenwaldes für das Anlegen von Palmölplantagen, die Wilderei oder Brandrodungen haben die Orang-Utans fast ausgerottet und treiben auch Pongo und Papaya in die Flucht. Die Kinder sind spürbar betroffen, aber vor allem finden sie das, was die Menschen dort machen, „mega fies“, „voll gemein“ und „ungerecht“. Das tiefe und ehrliche Unrechtsempfinden der Kinder berührt und erstaunt mich.

Es folgt eine Traumreise durch den Regenwald inklusive Hörbeispielen, ein witziges Experiment aus der Verhaltensforschung, Bewegungsspiele und eine Orang-Utan Olympiade. Vor allem aber zeige ich viele beeindruckende Fotos und bewegte Bilder von unserer Arbeit auf Borneo. Pongo und Papaya werden natürlich von den Orang-Utan Rettern in Sicherheit gebracht und in einer der beiden BOS Rettungsstationen versorgt.

Ich bemühe mich, den fünf bis sieben jährigen Kindern die Problematik und unsere Arbeit in den Rettungs- und Rehabilitationszentren abwechslungsreich und anschaulich näher zu bringen. Immer wieder ziehe ich Parallelen zwischen dem Alltag der Orang-Utan Kinder in der Rettungsstation und dem Alltag der Kindergartenkinder. Die „Zahnfrau“ kommt auch zu den Orang-Utans und der Übergang vom Waldkindergarten in die Waldschule wird von den Orang-Utans ebenfalls herbei gesehnt. Im Waldkindergarten und in der Waldschule lernen die Orang-Utan Waisen alles, was sie für ein eigenständiges Leben in der Wildnis benötigen und was ihnen sonst ihre Mütter beibringen würden.

 

Kraft tanken können alle beim Orang-Utan Znüni. Mutig testen die Kinder Sojamilch - genau wie die Orang-Utan Babys in der Rettungsstation. Wir essen Rambutan, Papayas, Ananas, Bananen und verputzten den ein oder anderen indonesischen Krabbenchip.

 

Danach lauschten die Kinder gespannt der Fortsetzung der Geschichte. Nachdem Pongo und Papaya den Rehabilitationsprozess in der Rettungsstation durchlaufen haben, werden sie nämlich ausgewildert. Kurze Videosequenzen tatsächlicher Auswilderungen beeindruckten die Kinder dermassen, dass es am Ende begeisterten Applaus für das BOS Auswilderungsteam auf der Leinwand gibt.

Orang-Utan-Retter im Kindergarten 2
Im anschliessenden Freispiel ernten wir aber die wahren Früchte unserer Bildungsarbeit: Ganz von alleine bestücken 21 Kindergartenkinder in Zürich ihre Mini-Schubkarren mit Plüsch Orang-Utans und wildern die Tiere aus! Sie setzen sich Kopfhörer auf, denn mittlerweile wissen sie ja, dass eine Orang-Utan Auswilderung auch per Helikopter stattfinden kann. Die Orang-Utans finden einen Platz in der Freiheit: Im Gebüsch auf dem Pausenhof. Zumindest solange, bis die Wilderer kommen. Dann werden die Orang-Utans schnell nach innen in die Rettungsstation gefahren. Andere Kinder sitzen zufrieden auf dem Pausenhof mit Plüsch-Orang-Utans und Milchflaschen aka Trinkflaschen im Schoss.
Ich mache mich davon, wohlwissend, dass die Botschaft verstanden wurde. Noch Tage später werde ich von Kindergartenkindern mit Orang-Utan Tattoos gefragt: „Gibt es einen neuen Orang-Utan in der Rettungsstation? Wie heisst der? Und wann kommst du wieder?“ Ich lächle und würde mir denselben Aktionismus von manchem Erwachsenen wünschen. Vor allem aber trage ich ein Fünkchen Optimismus und Hoffnung was die zukünftige Generation angeht in unser BOS Schweiz Büro.
Dort erfahre ich von Zahri, einem kleinen Baby Orang-Utan der neu zu in die Rettungsstation nach Nyaru Menteng kam, mit zwei Gewehrkugeln im Körper. Da eine Orang-Utan Mutter ihr Baby niemals freiwillig hergeben würde, muss sie vor den Augen von Zahri erschlagen oder erschossen worden sein. Zahri muss für viel Geld operiert werden und wir sammeln Spenden dafür. Die Überlebenschancen: ungewiss.
Dr. Sophia Benz (Geschäftsführerin, BOS Schweiz)

Bilder vom Besuch