Dokumentation «Eyes of the Orangutan»

Ein Orang-Utan mit Boxhandschuhen als Tourismusattraktion in Thailand

© Aaron Gekoski

Tausende Wildtiere, wie illegal geschmuggelte Orang-Utans, werden in Zoos, Themenparks und Zirkussen zu Unterhaltungszwecken ausgebeutet. Nach dem Verlust ihres natürlichen Lebensraumes durch Rodungen und Brände ist der Wildtierhandel die gravierendste Bedrohung für das Überleben der letzten Waldmenschen.

Eine Studie aus dem letzten Jahr zeigt auf, dass der Wildtierhandel das Artensterben sogar noch stärker vorantreibt als bisher angenommen. Um es mit den Worten des CEOs der BOS Foundation, Dr. Jamartin Sihite, auszudrücken: «Wir haben keine Zeit mehr, untätig zuzuschauen.» BOS hat fast 80 Orang-Utans aus Zoos und Vergnügungsparks gerettet und nach Indonesien zurückgebracht  ein komplexes, kostspieliges Unterfangen. Es hat sich gelohnt: 35 Tiere wurden bereits erfolgreich ausgewildert.

 

Beim Anblick des Titelbildes dieses Magazins lassen sich die erbärmlichen Bedingungen für die Lebewesen hinter den Kulissen der Unterhaltungsindustrie nur erahnen. «Schaut man in die Augen eines solchen Orang-Utans, blickt man in eine gebrochene Seele», wird Dr. Jamartin Sihite in Aaron Gekoskis Buch «Animosity» zitiert.

 

Woher kommen die Tiere, die in Shows tanzen oder angekettet für Selfies hinhalten müssen? Oftmals sind sie aus ihrem natürlichen Habitat gestohlen und auf dem Schwarzmarkt verkauft worden. Die Formel ist so einfach wie grausam: Für jedes illegal verkaufte Orang-Utan-Baby steht eine getötete Mutter, die ihr Wertvollstes nie kampflos aus den Armen geben würde. Das Geschäft mit Wildtieren ist ein Multi-Milliarden-Business. Einer, der diesem System den Kampf angesagt hat, ist Aaron Gekoski. Der renommierte Fotojournalist hat BOS Schweiz 2019 mit seiner Filmcrew auf eine spezielle Reise nach Borneo begleitet. Wir unterstützen sein Filmprojekt zum Thema Wildtier-Tourismus – aus Überzeugung.

 

«Wenn wir sogar unsere nächsten Verwandten so behandeln, welche Hoffnung gibt es dann für alle anderen Spezies?»
Aaron Gekoski

                  
Orang-Utan-Mutter Suja mit ihrem Baby Bella

© Aaron Gekoski

Suja wurde von BOS aus dem Safari World Park in Thailand gerettet. Ihr Baby Bella hat nun die Chance, in der Wildnis aufzuwachsen.
              
                

Interview mit Aaron Gekoski

Aaron Gekoski, Fotojournalist

© zVg

Der preisgekrönte Fotojournalist und Filmemacher hat sich auf die Darstellung der Konflikte zwischen Mensch und Tier spezialisiert. In seinen Projekten arbeitet er auch mit BOS zusammen. Aaron Gekoskis Buch «Animosity» zeigt Bilder «von der Front des Naturschutzes» und ist im Buchhandel erhältlich.

 

 

Laura Clauderotti, Leiterin Kommunikation bei BOS Schweiz: Aaron Gekoski, was will uns die Dokumentation «Eyes of the Orangutan» zeigen?

 

Aaron Gekoski: Wir wollen sichtbar machen, wie Orang-Utans aufgrund der hohen Nachfrage aus der Wildtier-Tourismus-Industrie leiden. In der Dokumentation beleuchten wir, wie diese Tiere aus ihrem Zuhause – dem Regenwald – gestohlen, illegal geschmuggelt und schliesslich gezwungen werden, in bizarren Shows zu performen. Einige durchlaufen brutale Trainingsprozesse, andere werden in Käfige gesteckt. Hinter dem äusserst lukrativen Handel mit Orang-Utans steckt ein grosses, mächtiges Netzwerk aus Wilderern, Händlern, korrupten Regierungsmitgliedern und Endkäufern. Unser Ziel ist es, dass die Leute zweimal überlegen, bevor sie einen Zoo oder andere Einrichtungen besuchen, die wilde Tiere aus Profitgier zur Schau stellen.

 

Ich frage mich oft: Warum zerstört der Mensch das Ökosystem, von dem er abhängig ist? Hast du während deiner Recherche Antworten auf diese oder ähnliche Fragen gefunden?

 

Solche Fragen stelle ich mir jeden Tag. Das Hauptproblem ist: Die Erde ist nicht dafür gemacht, über 7 Milliarden Menschen zu beheimaten. Wir konkurrieren um schwindende Ressourcen und zerstören damit unser Ökosystem. Solange wir diese Problematik nicht in den Griff bekommen, sind alle anderen Massnahmen vergeblich.

 

Welche Rolle spielen die Orang-Utans im Film?

 

Meine Filmcrew (Will Foster-Grundy, Chris Scarffe, Damian Antochewicz) und ich haben jahrelang Orang-Utans auf der ganzen Welt dokumentiert. Die Aufnahmen zeigen das unsagbare Leid, das die Wildtier-Tourismus-Industrie verursacht. Wir haben auch einen Teil der Dreharbeiten bei der BOS Foundation in Kalimantan verbracht. Dort wurden wir Zeugen der unermüdlichen Anstrengungen, Orang-Utans aus der Tourismus-Industrie zu retten, zu rehabilitieren und umzusiedeln.

 

Wie gehst du damit um, ständig diesen verstörenden Situationen ausgesetzt zu sein?


Prozac (Antidepressivum, Anm. der Red.) und Therapie! In dieser Arbeit musst du auf deine physische und psychische Gesundheit achten – oder du kollabierst, was mir letztes Jahr passiert ist. Wenn du dann infrage stellst, ob du weitermachen kannst, erinnerst du dich an all die Menschen, die ihr Leben dem Tierschutz verschreiben.

 

Was bedeutete für dich der Besuch der BOS-Rettungsstationen?


Unser Film wäre unvollständig, käme BOS darin nicht vor! Während es traurig war, einige der gebrochenen Seelen zu treffen, um die sich BOS kümmert, haben wir auch Hoffnungsvolles erfahren. Dazu gehören die Geschichte der geretteten Suja aus Thailand oder das Potenzial, bewaldete Flussinseln dem Tourismus zugänglich zu machen. Wir sind von dieser Reise heimgekehrt mit der Überzeugung, dass es möglich ist, verantwortungsvollen Orang-Utan-Tourismus anzubieten, der keine negativen Auswirkungen auf die Tiere hat.

 

Welche Emotionen hattest du bei den Dreharbeiten?

 

Jedes einzelne Gefühl, das du dir vorstellen kannst! Wut, Empörung, Scham, Erschöpfung, Optimismus, Hoffnung. Die vier Jahre dauernden Dreharbeiten waren für die Crew und mich sehr aufwühlend.

 

Kannst du dir vorstellen, in deinem Leben jemals etwas anderes zu tun?


Ich fantasiere regelmässig darüber, alles hinzuschmeissen und ein friedlicheres Leben zu leben. Aber dann arbeitest du an einem Projekt wie «Eyes of the Orangutan» und realisierst, wie viel noch getan werden muss.

 

Herzlichen Dank, Aaron Gekoski, für die eindrücklichen Einblicke in deine wichtige Arbeit.

                 

Wir brauchen Ihre Hilfe!

 

Ermöglichen Sie geretteten Orang-Utans ein artgerechtes Leben und helfen Sie uns, die Versorgung und Rehabilitierung ehemaliger Zoo- und Zirkustiere in den BOS-Rettungsstationen sicherzustellen.