Stellungnahme zu den Misshandlungen an Orang-Utan-Mutter Hope

Über 130 Patronen fanden Tierärzte im Körper des ausgewachsenen Orang-Utans

Röntgenbild (Bild: Center for Orangutan Protection)

Vor zwei Wochen berichteten wir auf unserer Facebook-Seite über den ersten diesjährigen Fall eines so genannten «orang-utan-killings». Auf Sumatra hetzten Unbekannte das knapp 30-jährige Orang-Utan-Weibchen Hope mit ihrem nur etwa einen Monat alten Baby drei Tage lang durch den Wald. 

 

74 Gewehrkugeln im Körper, mehrere gebrochene Knochen und Schnittwunden an den Beinen: Das war der traurige Befund des SOCP-Tierärzte-Teams, das um das Leben des schwer misshandelten Muttertieres kämpfte. Das wegen der Hetzjagd völlig dehydrierte und ausgehungerte Baby wurde ganz in der Nähe gefunden. Seine Mutter kämpfte vermutlich um sein Leben. Sie hat den Vorfall bis heute überlebt und dennoch verloren: Ihr Baby verstarb kurz nach der Rettung durch die BKSDA/das OIC. Die Mutter wird für immer blind sein, da die Kugeln den Sehnerv an beiden Augen verletzten.

 

Nicht der erste Vorfall dieser Art

Bereits im letzten Jahr häuften sich Meldungen zu ähnlichen Vorfällen. Mit einem Luftgewehr attackierten Bauern damals einen ungebetenen Gast auf einer Plantage. Über 130 Patronen fanden Tierärzte im Körper des ausgewachsenen Orang-Utans – 70 allein in seinem Schädel. Auf das Tier wurde brutal eingeschlagen und eingestochen. Als es gefunden wurde, lebte es noch. Angeblich aus Notwehr wurde kurz zuvor ein weiterer Orang-Utan erlegt. 17 Luftgewehrschüsse wurden auf ihn abgefeuert. Anschliessend wurde auch dieses Tier zu Tode gequält, dann geköpft und in einen Fluss geschmissen. 

 

Verrohung der Gesellschaft?

Nebst Entsetzen lösen diese Fälle ein Reihe von Fragen aus, beispielsweise, ob man bei 130 Schuss überhaupt noch von Wilderei sprechen kann? Und ob das nur Einzelfälle sind oder womöglich Anzeichen eines Musters – einer Verrohung der Gesellschaft? Was passiert mit dem Arten- und Naturschutzbewusstsein von Menschen, die jahrzehntelang miterleben, wie die schlimmsten Umweltverbrechen unserer Zeit ungestraft und lukrativ vor ihrer Haustüre passieren? Häufen sich Misshandlungen und Tötungen von Orang-Utans oder werden solche Vorfälle nur häufiger publik? Wächst der illegale Haustierhandel mit Orang-Utan-Babys oder werden die Opfer nur öfter den zuständigen Behörden gemeldet und an Organisationen wie BOS übergeben? Wohin führt das Ganze und wie kann eine Lösung aussehen?

 

Das Problem an der Wurzel packen

Ein Blick hinter den jeweils schrecklichen Einzelfall lohnt sich. Klar ist auch, dass ein Schweizer Chirurg, der eingeflogen wird, um die mehrstündigen Operationen an den misshandelten Tieren durchzuführen, letztlich nur Wenige retten kann. Das grundlegende Problem wird das nicht lösen. 

 

Es müssen tiermedizinische Kapazitäten vor Ort aufgebaut werden. Nationales wie internationales Recht muss effektiv durchgesetzt werden und auch dafür Kapazitäten vor Ort vorhanden sein. Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden, denn auch in Indonesien sind solche Vorfälle strafbar. Auch dort ist es verboten, Orang-Utans als Haustiere zu halten, ins Ausland zu schmuggeln und geschützten Lebensraum zu zerstören. Und es ist wichtig, das Umweltbewusstsein vor Ort zu schärfen sowie alternative und nachhaltige Einkommensquellen für die lokalen Gemeinschaften zu schaffen. Erst dann werden illegale Aktivitäten wie die Wilderei oder die illegale Abholzung von Schutzwäldern unattraktiver. BOS verfolgt einen solchen holistischen Ansatz. 

 

Was BOS Schweiz im Bereich nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit leistet und warum Orang-Utan- und Regenwaldschutz immer auch mit nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit einhergehen muss, erfahren Sie hier.    

 

Ihre Sophia Benz

Geschäftsführerin BOS Schweiz
E-Mail: sophia.benz@bos-schweiz.ch