Der Regenwald, unser wertvoller Schatz

Ein Oran-Utan sitzt an einem Gewässer

© BOS Foundation | Björn Vaughn

Der Regenwald: ein Ökosystem, so unglaublich eingespielt, so unfassbar artenreich, so unschätzbar wertvoll. Gerät diese Tier- und Pflanzenwelt aus dem Gleichgewicht, hat das langfristige Auswirkungen für uns alle – und die Situation ist ernster, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. 

Im Januar 2020 machte Prof. Dr. Erin Vogel, derzeitige Leiterin der Tuanan-Forschungsstation im Mawas-Gebiet, ihre neusten Forschungsergebnisse publik. Seitdem steht fest, dass die Wald- und Torfbrände 2019 auch jetzt noch ihre Opfer fordern. Waldbrände haben langfristige Auswirkungen auf Lebewesen und ihre Umwelt, so auch auf das Futterangebot für wilde Orang-Utans.

Teufelskreis aus Feuer und Hunger


Orang-Utans ernähren sich überwiegend von rund 500 verschiedenen Pflanzen. Je länger es brennt und qualmt, desto weniger Samen und Früchte reifen im Wald: Die wilden Orang-Utans leiden Hunger und sind gestresst. Dies führt zu Aggressivität, sinkenden Reproduktionsraten und könnte langfristig sogar die DNA der Tiere schädigen. Ein Teufelskreis.
Brände im Mawas-Gebiet aus der Vogelperspektive

© BOS Foundation | Indrayana

Seit Jahren studiert Erin Vogel, die zierliche, aber drahtige Forscherin der Rutgers University in den USA, gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen eine der letzten wilden Orang-Utan-Populationen der Welt. Die bis zu 3 500 Tiere sind im von BOS verwalteten Mawas-Schutzwald beheimatet. Wenn Erin selbst vor Ort ist, gilt für sie derselbe harte Alltag wie für die anwesenden Studierenden: Noch im Dunkeln geht es los – in tropentauglicher Kleidung, mit Machete und einer Tagesration Wasser ausgestattet – auf der «Autobahn» in den Regenwald. Was liebevoll «Autobahn» genannt wird, sind in Wahrheit zwei vermoderte, baufällige Holzplanken auf Stelzen, die vom Camp in den Wald führen. Wer ausrutscht oder durchbricht, landet im Moor.

Bereits schweissgebadet kommen die Forschenden dort an, wo sie tags zuvor ihre Beobachtungen beendet haben: am Schlafnest eines Orang-Utans. Sobald das Tier aufwacht, wird versucht, mit einem Netz, das an einem Stock befestigt ist, Kot- und Urinproben zu erhaschen. Kein leichtes Unterfangen, denn das Forschungsobjekt befindet sich hoch oben in den Baumkronen. Die Proben sind notwendig, um das Fressverhalten der Tiere zu studieren und Rückschlüsse auf Erkrankungen oder Stresslevel zu ziehen.
Prof. Dr. Erin Vogel vor den Profilbildern der von ihr erforschten Orang-Utans

© BOS Schweiz | Mark Edward Harris

Futtermangel, Stress und Aggressivität


Die Forschenden sind der Frage auf der Spur, inwiefern die Brände – und vor allem auch der giftige Qualm, der den Pflanzen über Monate das Sonnenlicht nimmt – das Futterangebot und damit den Gesundheitszustand der wilden Orang-Utans und den Fortbestand der Wälder beeinflussen. Erin vermutet, dass der giftige Rauch die Orang-Utans stresst. Im Körper werden dann Botenstoffe ausgeschüttet, welche die DNA schädigen könnten. Aufgrund des schrumpfenden Lebensraums während und nach den Bränden sind die Tiere überdies erheblich aggressiver.

2015 verbrannten in Tuanan 90 Hektar Torfmoorwald, 2019 kamen weitere 160 hinzu. Tiere, die nicht in den Flammen umkommen, leiden auch noch Monate später an den Folgen des Futtermangels. Wenn nämlich die Früchte ausbleiben, verfallen die Orang-Utans in einen «Hungermodus». 2015 rettete BOS einige Tiere, die am Ende ihrer Kräfte angelangt und beinahe in Tuanan verhungert wären! Die Ernährung der Orang-Utans korreliert stark mit den klimatischen Gegebenheiten: In sogenannten Mastjahren tragen knapp 85 Prozent der Bäume im Regenwald gleichzeitig Früchte, das Nahrungsangebot ist riesig. Es scheint daher nicht weiter verwunderlich, dass 18 der 19 in Tuanan beobachteten Mütter ihre Babys in solchen Mastjahren zur Welt brachten. So zeigt sich deutlich, dass das Reproduktionsverhalten und damit der Fortbestand der Art ebenfalls vom Wetter bzw. von den Bränden und vom Futterangebot abhängig sind.


Brände im Mawas-Gebiet: Qualm

© BOS Foundation | Björn Vaughn

                                         

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Die Gärtner des Waldes


Die Orang-Utans nutzen Pflanzen und Früchte nicht nur als wichtige Nahrungsquelle, sie transportieren gleichzeitig die verzehrten Samen in ihrem Verdauungstrakt und pflanzen so ihre Futterquelle von Morgen. Samen, die durch den Magen der Orang-Utans gewandert sind, keimen besser als solche, die direkt vom Baum auf den Boden fallen. Damit ist auch klar: Mehr Brände und Rauch bedeuten weniger Samen und Früchte im Wald. Dies wiederum hat zur Folge, dass die «Gärtnerarbeiten» der Orang-Utans weniger intensiv ausfallen. Das Klima und die damit zusammenhängenden Brände gefährden deshalb auch den Fortbestand des Regenwalds selbst.
Orang-Utan Topan hält sich an einem Ast fest

© BOS Foundation | Björn Vaughn

Das Tuanan-Projekt kommt voran!


Brandprävention, die Renaturierung zerstörter Böden und die Aufforstung sind deshalb die Eckpfeiler unserer Aktivitäten im Mawas-Gebiet und speziell in Tuanan. Ziel des Vorhabens ist es, ein 50 Hektar grosses abgebranntes Gebiet am Rande des Schutzwalds aufzuforsten. Hierfür werden zunächst ehemalige Entwässerungskanäle verschlossen, um den Boden zu renaturieren. Danach werden die eigens gezogenen Setzlinge gepflanzt. Da die Kanäle für illegale Aktivitäten (vor allem den Holzeinschlag) im Schutzgebiet genutzt wurden, müssen über Mikrokredite alternative und nachhaltige Erwerbsquellen für die lokale Bevölkerung geschaffen werden. 
Karte mit Verordnung der BOS Schweiz-Projekte

© Björn Vaughn, BPI | BOS Schweiz

Die Setzlinge werden im Aufforstungsgebiet gepflanzt

© BOS Foundation | Mawas Conservation Program

                             

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Wie gelingt es, zerstörte Regenwaldgebiete wieder aufzuforsten?