Inteligenz
Intelligenz
Bei der Futtersuche bewegen sich die rothaarigen Menschenaffen auf 10 bis 15 Meter über dem Boden langsam durch das Kronendach der Bäume. Mit absoluter Sicherheit finden sie dabei die ergiebigsten Fruchtbäume. Ganz offensichtlich kennen sie nicht nur die Standorte der einzelnen Baumarten in dem von ihnen bewohnten Waldgebiet sehr genau, sondern wissen auch den jeweiligen Reifegrad ihrer Früchte. Ausserdem leiten sie das Vorhandensein wertvoller Nahrungsquellen auch aus dem Verhalten anderer Fruchtfresser des Regenwalds - Gibbons, Hornvögel und Tauben - ab. Beim Kontrollieren früchtetragender Bäume wählen Orang-Utans stets den kürzesten Weg von einem Baum zum anderen.
Orang-Utans haben ein ebenso grosses Gehirn wie Schimpansen und Gorillas, und zahme Individuen erreichen bei Intelligenztests ebenso hohe Punktzahlen wie jene. Diese grosse Leistungsfähigkeit des Gehirns ist zweifellos auf den präzisen Orientierungssinn und das gute zeitliche Gedächtnis für den Fruchtzyklus der verschiedenen Regenwaldbäume zurückzuführen.
Die erstaunliche Intelligenz des Orang-Utans hat den amerikanischen Zoologen Gary Shapiro dazu bewogen, einem jungen, zahmen Orang-Utan-Weibchen namens «Princess», das man auf die Auswilderung vorbereitete, die amerikanische Zeichensprache «Ameslan» beizubringen. In seiner Station verkehrten die auszuwildernden Orang-Utans ungehindert mit ihren wildlebenden Artgenossen, und Shapiro hoffte, Princess könnte ihm später über die Tätigkeiten der freilebenden Orang-Utans berichten. Obschon Princess sich als gelehrige Schülerin erwies und sich einen beachtlichen Wortschatz aneignete, plauderte sie leider nie «aus der Schule». So sind wir denn weiterhin auf die mühselige Kleinarbeit der Feldforscher angewiesen, um Näheres über die Lebensweise der «Roten Affen» zu erfahren.
Die Intelligenz der Orang-Utans reicht jedoch noch wesentlich weiter. Verhaltensforscher sprechen heute sogar von der Kultur bei Menschenaffen und von der Bedeutung von Erfindungen im Kontext kultureller Entwicklung. Wenn Menschenaffen - und damit auch die Orang-Utans - über Kultur im biologischen Sinn verfügen, bedeutet dies, dass Kultur nicht exklusiv beim Menschen vorkommt, sondern bereits bei anderen Primaten entstanden ist und sich beim Menschen bis auf ein sehr hoches Niveau entwickeln konnte. Das Verhalten und die Intelligenz von Orang-Utans zu studieren, hilft uns Menschen somit, zu erkennen, was unsere eigene Art im Kern ausmacht. Wollen Sie mehr zu diesem komplexen Thema erfahren, sprechen Sie uns an.