Giftiger Rauch gefährdet Orang-Utans

Babystation im Rauch

Wie Nebel liegt der Rauch über der Station (Bild: BOS-Stiftung)

Und dann auch noch der Rauch - als ob die Orang-Utans nicht schon genug bedroht wären. Sie sind Zielscheibe von Wilderern und verlieren durch Abholzung und Landwirtschaft ihren Lebensraum. Eine aktuelle Studie der Rutgers Universität - New Brunswick bestätigt nun, was Einige schon lange befürchteten: Der giftige Rauch der Wald- und Torfbrände gefährdet nicht nur die Gesundheit der ansässigen Menschen, sondern auch das Wohlergehen der rothaarigen Waldmenschen.

Raucherhusten im Regenwald?

Als 2015 auf Borneo heftige Waldbrände ausbrachen, studierte Wendy Erb, Postdoktorandin der Rutgers University, gerade männliche Orang-Utans im Tuanan-Gebiet in Zentral-Kalimantan. Die Waldbrände vielen so heftig aus, dass Erb und ihr Team die Forschungsarbeit unterbrachen und mithalfen, die Grossbrände zu bekämpfen. Als sie ihre Forschung wenige Wochen später wieder aufnahm, bemerkte Erb einen Unterschied beim Klang der sogenannten „Long Calls“. Long Calls sind laute Rufe dominanter Orang-Utan-Männchen mit dem Ziel, Weibchen anzulocken und Mitbewerber zu warnen. Die Rufe klangen plötzlich gedämpft, heiser. Der Klang erinnerte Erb an die Stimme von Kettenrauchern. Die junge Wissenschaftlerin entschied daher zu untersuchen, wie der Rauch der Waldbrände die Gesundheit der Orang-Utans beeinflusst.

 

Wie der Mensch so der Orang-Utan?

Atmen Menschen vermehrt Rauch ein, erkranken sie häufiger. Trifft dies auch bei Orang-Utans zu? Erb wählte für ihre Studienzwecke vier ausgewachsene Männchen aus, alle über 100 Kilogramm schwer, mit markanten Wangenwülsten. Die Wissenschaftlerin stand jeden Tag vor der Morgendämmerung auf, um das Urin der Tiere aufzufangen. Dazu hielt sie einen an einer Stange befestigten Beutel genau in den Urinstrahl, der morgendlich von der Baumkrone nach unten prasselte. Die Urinproben und die Analyse des Verhaltens der Orang-Utans zeigten deutlich, dass die Männchen seit den Bränden weniger wanderten, sich längere Zeit ausruhten und mehr Kalorien zu sich nahmen. Zudem produzierten alle vier Orang-Utans mehr Ketonkörper. Diese Moleküle aus Fettsäure bildet die Leber während Zeiten mit geringer Nährstoffaufnahme. Ein unerwartetes Testergebnis, da die untersuchten Orang-Utans ja mehr Nahrung zu sich nahmen und nicht weniger. Erb sagt dazu: «Es ist möglich, dass die erhöhte Fettverbrennung dieser Männchen dazu dient, zerstörtes Gewebe zu reparieren.» Für Erb und ihr Team ist jedenfalls klar, dass die bei den vier Testtieren festgestellten Veränderungen auf den Rauch der Waldbrände zurückzuführen sind, denn im Leben dieser Orang-Utans hatte sich nichts weiter verändert, ausser dass sie allesamt den drei Monate anhaltenden Waldbränden ausgesetzt waren.

Orang-Utan im Rauch

Auch für Orang-Utans tödlich (Bild: BOS-Stiftung)

Sind die Waldbrände ein Grund für das Orang-Utan-Sterben?

Verbrannte Erde für Jahre

Verbrannte Erde für Jahre (Bild: Björn Vaughn)

Zwischen 1999 und 2015 starben auf Borneo innerhalb gesunder, nahrungsreicher Waldgebiete unerwartet ca. 100 000 Orang-Utans. Dies zeigte, dass die Zerstörung von Lebensraum nicht die einzige Hauptursache für das dramatische Schwinden der Orang-Utans ist. Die Folgen von toxischen Gasen könnte ein weiterer Grund für das Sterben dieser Tiere sein. Spannend an dieser Erkenntnis ist, dass es Waldbrände auf Borneo schon seit Jahrzehnten gibt, dies zeigen Bodenanalysen. Gab es demzufolge schon früher Massensterben von Orang-Utans als Folge von Waldbränden? Wohl kaum. Denn die Analysen zeigen auch, dass die Waldbrände in den letzten Jahrzehnten durch die Abholzung und das Trockenlegen von Torflandschaften häufiger und vor allem auch heftiger wurden. Je öfters ein Individuum giftigem Brandrauch ausgesetzt ist, desto schwerwiegender sind die Auswirkungen. 2015, während Erbs Studien, waren die Wald- und Toormoorbrände wegen der vom El Niño-Effekt verursachten Dürre schlimmer als sonst. Wenn die Torfböden brennen, wird nicht nur der Lebensraum vieler bedrohter Arten zerstört. Es werden auch Treibhausgase freigesetzt und es entstehen grosse Mengen an gefährlichem Feinstaub. Zwei unabhängige Studien belegen, dass dieser Feinstaub die Hauptursache von bis zu 100 000 menschlichen Todesfälle ist, die mit den Waldbränden 2015 auf Borneo in Verbindung stehen. Zu den möglichen Effekten auf wilde Orang-Utan-Populationen existiert leider kaum Forschung. Erbs Studie betont daher wie wichtig es ist, die unmittelbaren wie langfristigen Effekte, die direkten wie indirekten Folgen der Wald- und Torfbrände in Indonesien für die betroffenen Menschen und Tiere in der Region und darüber hinaus zu untersuchen. Aus diesem Grund weitet Erb ihre Studie in einem nächsten Schritt auf Weibchen und jüngere Männchen aus.