Was, wenn ausgewilderte Orang-Utans krank werden?

Kranker OrangUtans1

Ganz schlapp (Bild: BOS Schweiz)

Wenn BOS Orang-Utans in den Regenwald auswildert, ist ein grosses Ziel erreicht. Das Kapitel Rettungsstation ist damit in der Regel abgeschlossen. Das Leben in der Freiheit beginnt dann aber erst. Nach der Auswilderung müssen sich die Orang-Utans an ihre neue Umgebung gewöhnen und sich erfolgreich vor Gefahren schützen.

 

Mit Instinkt und Wissen ausgestattet, kommt es bei Orang-Utans nur selten zu Vergiftungen durch Pflanzen und Früchte. Treten trotzdem Komplikationen auf, nutzen die intelligenten Tiere Heilpflanzen, um Symptome zu lindern. Doch bei einer starken Vergiftung hilft diese Selbstmedikation nicht. In solchen Fällen hat BOS keine andere Wahl, als medizinisch zu intervenieren, um die ausgewilderten Tiere zu retten.

Vergiftet, geschwächt, am Boden

Karen sass in einem Nest am Boden, als sie vom BOS Post-Release- Monitoring (PRM) - Team während einem Routine-Rundgang entdeckt wurde. Das Orang-Utan- Weibchen wurde im Dezember letzten Jahres ausgewildert und kam bis anhin gut in der Wildnis zurecht. Nun aber war das PRM-Team durch den Nestbau am Boden beunruhigt und beobachtete zudem, dass sich Karen kaum bewegte. Eine Verletzung erkannten die BOS-Mitarbeitenden nicht und vermuteten daher, dass sich Karen vergiftet hatte. Sofort alarmierten sie per Funk die Tierärzte in Nyaru Menteng. Doch da BOS Orang-Utans in möglichst abgelegene, sichere Waldgebiete auswildert, stellt ein solcher Hilferuf das Team vor besondere Herausforderungen. Karen wurde in der Nähe des Totat Jalu-Camps im Bukit Batikap Schutzgebiet entdeckt. Das Ärzteteam befand sich eine mehrtägige Reise entfernt in Nyaru Menteng.

Das lange Warten

Mit Früchten und Blättern fütterten die PRM-Mitarbeitenden Karen. Sie stellten damit sicher, dass Karen nicht noch schwächer wurde und hoffentlich bis zur Ankunft des Ärzteteams überlebte. Das Team schützte das Nest am Boden mit einer Konstruktion aus Ästen und Blättern. Gut versteckt und unter ständiger Beobachtung durch das PRM-Team begann für Karen nun das lange Warten. Der schlechte Zustand der Transportwege machte es schwer zu kalkulieren, wann das Ärzteteam eintreffen würde. Sieben Tage wachte das Team über Karen, bis endlich Hilfe eintraf.

Eine zweite Chance

Nach einer ersten Untersuchung diagnostizierten die Tierärzte Halsprobleme durch eine Vergiftung. Karen wurde betäubt und in einem Transportkäfig in die Nähe des Totat Jalu- Camps gebracht. Dort konnte sie in einer geschützten Umgebung behandelt werden. Nach drei Tagen gab es Entwarnung. Karen hatte es geschafft und sich ganz von der Vergiftung erholt. Sie bekam eine zweite Chance, sich in der Wildnis zurechtzufinden. Eine Woche nach der Wieder-Auswilderung von Karen konnte das PRM-Team beobachten, dass sie ihrer täglichen Routine nachging und fleissig Früchte ass. Rundum gesund befand sie sich hoch oben in den Baumkronen des Regenwaldes. Das PRM-Team kehrte zufrieden ins Camp zurück in der Hoffnung, dass Karen das nächste Mal vorsichtiger in ihr unbekannte Früchte beisst.