Den Orang-Utans auf der Spur

Von grossen Chancen und Gefahren

Projektleiterin Dr. Anna Marzec misst den Wasserstand

Genau einen Monat dauerte die langersehnte Borneoreise unserer Projektmitarbeitenden Dr. Anna Marzec und Moritz Wyss. Nach fast 3 Jahren Corona-Zwangspause erkundeten sie Anfang 2022 erstmals wieder unsere Projekte. Lesen Sie hier von Projektfortschritten aber auch von dunklen Wolken, die über der Urwaldidylle aufziehen.

 

Text von Sophia Benz

 

Foto: © Andrew Suryono | BOSF | BOS Schweiz

Wer dachte, Anna und Moritz gönnen sich wenigstens einen Tag Erholung nach der kräftezehrenden Reise, irrt. Jetlag hin oder her: Kaum im Hauptquartier der BOS Foundation in Bogor angekommen, diskutieren sie bereits den Landraub in Samboja Lestari, Details unserer Aktivitäten im Mawas-Gebiet und die schwierige Situation im BOS-Auswilderungsgebiet in Ost-Kalimantan.


Einzige Verschnaufpause bleibt ein Spaziergang durch den traumhaften Botanischen Garten von Bogor, der an den imposanten Präsidentenpalast grenzt. Und schon geht es weiter an den eigentlichen Ort des Geschehens: per Flugzeug nach Borneo. Unweit der regionalen Metropole Palangka Raya befindet sich die BOS-Rettungsstation Nyaru Menteng. Aktuell leben dort mehr als 200 Orang-Utans.


Monokultur vs. Natur

Ein Boot bringt Anna und Moritz in den Sebangau Nationalpark. Hier ist die grösste im Tieflandregenwald lebende, geschützte Orang-Utan-Population beheimatet. Und hier unterstützt BOS Schweiz seit einem Jahr das Seibangah Projekt der Borneo Nature Foundation. Gerne würden wir unsere Brandschutzaktivitäten dort in Zukunft um Aufforstungsvorhaben und Projekte zur nachhaltigen Entwicklung der lokalen Bevölkerung erweitern.


Zurück in Palangka Raya, reist die Truppe an Palmölplantagen vorbei ins mehrere Stunden entfernte Mawas-Gebiet. Weiter geht’s per Boot – vorbei an kleinen Schiffen, die anscheinend illegal geschlagenes Holz verladen. Sandminen säumen das Ufer des breiten Flusses Kapuas. Auch sie bahnen sich ihre Wege in den letzten verbleibenden

Regenwald der Region.


Mehrere Tage lang besuchen Anna und Moritz unsere Projekte, die versuchen, den zerstörerischen Trends entgegenzuwirken. Über 60 000 Setzlinge haben die Bewohner*innen des Dorfes Tuanan bereits gezogen und gepflanzt. Knapp die Hälfte scheint zu überleben, auch wenn wegen des hohen Wasserstandes ein abschliessendes Urteil nicht möglich ist. Von uns ausgerüstete und trainierte Feuerwehrleute zeigen ihr Können und Anna und Moritz sprechen mit Herrn Samsi und seiner Frau. Sie und andere Dorfbewohner*innen erhalten Mikrokredite, um sich legale und nachhaltige Einkommensquellen aufzubauen. Sie züchten erfolgreich Hühner, bauen Gemüse an oder führen wie Herr Samsi einen kleinen Kiosk. Der Bestseller dort ist Eissirup für 13 Rappen pro Tüte.


Eissirup in einem kleinen Laden auf Borneo

© Andrew Suryono | BOSF | BOS Schweiz

Angrenzend an den Schutzwald von Mawas zeigen die lokalen Experten Anna, wie der Wasserstand gemessen wird, denn nur wenn die ehemaligen Entwässerungskanäle verschlossen sind und bleiben und der Pegel in Folge steigt, kann Aufforstung erfolgreich sein. Mit eigenen Augen sieht Anna zudem erstmals, was ihr schlaflose Nächte bereitet: die Strasse, die direkt neben dem Schutzgebiet entsteht. Für die dort ansässige wilde Orang-Utan-Population ist das verheerend. Interessiert besichtigen Anna und Moritz weitere Aufforstungsvorhaben der BOS Foundation in der Region, bevor es zurück nach Palangka Raya geht, für Meetings mit dem BOS Mawas-Team.

Lichtblicke in Samboja Lestari

Wild Born Baby

Bereits erschöpft, fliegen Anna und Moritz im Anschluss nach Balikpapan. Nach einem kurzen Aufenthalt in der BOS-Rettungsstation in Samboja Lestari geht es weiter in den Nordosten. Hier liegt das BOS-Auswilderungsgebiet Kehje Sewen (KJ7) – die Heimat von Ajeng und ihrem wild geborenen Baby. Der südliche Zipfel von KJ7 soll mit unserer Hilfe für Auswilderungen erschlossen werden. Wie, das diskutiert man vor Ort, bevor Anna und Moritz zum Abschluss ein traditionelles Fest zur Reisernte erleben dürfen.


Zurück in Samboja Lestari besichtigen unsere beiden Reisenden die fast fertigen Strassen, deren Bau und Instandsetzung BOS Schweiz aus Stiftungsgeldern finanziert. Starke und anhaltende Regenfälle erschwerten dieses Projekt. Die Qualität des Belags macht uns zudem Sorgen.


Die verbleibende Zeit nutzt Moritz, um zukünftige Infrastrukturprojekte (wie die Erweiterung der Klinik und des Futterlagers) zu planen. Im Kreise der anwesenden Ehrengäste wird schliesslich die Solaranlage eingeweiht. Philippe Strub, der stellvertretende Schweizer Botschafter in Indonesien und seine Familie besuchen in dem Zuge die BOS-Rettungsstation und pflanzen sogar selbst Bäume.

Neue Hauptstadt – neue Probleme

Über der Urwaldidylle Samboja Lestaris hängt jedoch ein bedrückender Schatten. Die neue indonesische Hauptstadt Nusantara rückt gefährlich nahe. Die Landpreise steigen und Samboja Lestari wird zunehmend Opfer von Landraub. Erstmals hat die Problematik ein Ausmass angenommen, das rechtliche Schritte erfordert.


Samboja Lestari, die Orang-Utans und Malaienbären dort, die mehr als 1 Mio. Bäume, die BOS dort bereits gepflanzt hat und all unsere Investitionen der letzten Jahre brauchen jetzt mehr denn je Unterstützung.


Spenden Sie für den Waldschutz

Mit Ihrer Unterstützung forsten wir zerstörte Urwälder wieder auf und stellen die letzten intakten Regenwälder unter Schutz.


40 CHF helfen, 1 Hektar Wald 1 Jahr lang zu schützen.